Quelle: Privatarchiv Anne Kern, Karlsruhe

Kern, Adolf

(1906-1976)

1906 Geboren am 9. November in Stuttgart.
1920 Lehrerseminar in Künzelsau
, Unterricht in Violine, Klavier und Orgel.
1926 Prüfung für das Lehramt an Volksschulen. Dann Musikstudium an der Musikhochschule Stuttgart u.a. bei Hermann Keller.
1927 Übersiedlung nach Ulm. Zweiter Organist am Ulmer Münster nebem Fritz Hayn. Orgeldienst und Chorleiter an der Petruskirche Neu-Ulm. Erster Kantor und Organist an der Ulmer Synagoge. Daneben Studium in Stuttgart. Dritter Kapellmeister am Ulmer Theater.
1929 Kirchenmusikprüfung an der Musikhochschule in Stuttgart.
1931 Schuldienst in Biberach, Ulm, Stuttgart, Alpirsbach und Ellwangen.
1934 Dirigierprüfung an der Musikhochschule Stuttgart.
1940 Wehrdienst (bis 1945).
1945 Schulleiter am staatlichen Waisenhaus Schwäbisch Gmünd.
1952 Lehrer am Pädagogischen Institut in Schwäbisch Gmünd. Oberstudienrat.
1962 Das pädagogische Institut wird in die pädagogische Hochschule umgewandelt.
1967 Professor für Musikdidaktik.
1973 Ruhestand in Schwäbisch Gmünd
1976 Gestorben am 11. März in Schwäbisch Gmünd.

Umfangreiche Kompositionstätigkeit mit Kantaten, Messen, Chorwerke, Opern, Orchesterwerke (darunter Werke für Jugendorchester),Kammermusik, Orgelwerke, Lieder und Hörspielmusiken für den Südwestrundfunk.

Orgelwerke

Sechs Orgeltriosonaten, aka Musikverlag, Karlsruhe, 1974
Kleine Orgelsuite, 1929, Manuskript
Orgelsonate d-moll, 1929, Manuskript

Hörbeispiel

"Suchet den Ewigen" nach Jesaja 55,6-11
mit Anita Steuer (Sopran) und Siegfried Gmeiner
(Orgel)

Quellen

- Dr. Hermann Ullrich: "Adolf Kern" in: Neues Lexikon der Musikpädagogik, hrsg. von Siegmund Helms, Reinhard Schneider und Rudolf Weber, Personenteil, CD-ROM, Kassel 2001. Mit ausführlichem Werkverzeichnis.
- Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd: Hochschulbibliographie 1962-1984.
Biographie der Lehrenden, Bibliographie der Veröffentlichungen, Dokumentation der
künstlerischen Arbeit. Hrsg. im Auftrage des Senats vom Rektor der Pädagogischen
Hochschule Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd 1985. S. 288-294
- Helmut Nieß: In memoriam Adolf Kern, ein Mittler zwischen Juden und Christen. Schwäbische Zeitung 19.7.1991

- Adolf Kern (1906-1976): Biographie verfasst von der Tochter Anne Kern, Karlsruhe 2001:

Adolf Kern wurde am 9. November 1906 in Stuttgart geboren. Sein Vater, damals Beamter bei der Königlich-Württembergischen Staatseisenbahn, ermöglichte ihm und seiner älteren Schwester den Unterricht in Klavier und Violine, wobei die ältere Schwester den kleinen Bruder anfangs im Klavierspielen unterrichten musste, denn soviel verdiente der Vater nicht, um zwei Kindern Instrumentalunterricht zu ermöglichen.
Im Lehrerseminar in Künzelsau, für das er ein Stipendium hatte, erhielt er erstmals Orgelunterricht, und war fortan von diesem Instrument besessen. Mit 17 Jahren gab er sein erstes Orgelkonzert, in dem er das B-A-C-H von Franz Liszt spielte. 1926 begann er sein Studium an der Musikhochschule in Stuttgart, denn das Land Württemberg stellte damals aus Geldmangel keine Lehrer mehr ein. Er studierte Klavier, Orgel und Tonsatz/ Komposition bei Professor Hermann Keller und Dirigieren bei GMD Carl Leonhardt und legte zwischen 1929 und 1934 die A-Prüfung für Evangelische Kirchenmusik, das Staatsexamen für das Lehramt an Höheren Schulen sowie die Kapellmeister-Prüfung ab.
Die Spannungen zwischen ihm und seinem Vater veranlassten ihn, von Stuttgart wegzuziehen und 1927 nach Ulm zu übersiedeln. Ein Grund war der, dass der Sohn unablässig Geld für Noten und Bücher brauchte, was dem Vater völlig unverständlich war. Dieses Unverständnis zwischen Vater und Sohn Adolf Kern sollte ein Leben lang anhalten: Der Vater liebte Militärparaden, Uniformen und Blasmusik, was dem Sohn ein Gräuel war.
In Ulm war er Organist am Münster, Organist an der Synagoge, Organist und Chorleiter an der evangelischen Kirche in Neu-Ulm, sowie Kapellmeister am Theater. Die musikalischen und gesellschaftlichen Kontakte zu jüdischen Familien in Ulm sollten ihn nachhaltig prägen, wo man ihn besonders als versierten Klavierbegleiter und Kammermusiker schätzte. Er selbst bezeichnete diese Zeit zwischen 1927 und 1932 als absoluten Glücksfall für seine geistige, künstlerische und menschliche Entwicklung, zeigte ihm doch das jüdische Bildungsbürgertum einen Weg in die geistige und künstlerische Freiheit. 1931 organisierte er ein Benefiz-Konzert in der Synagoge zu Gunsten der Arbeitslosen in Ulm.
1931 wurde ihm eine Stelle als Lehrer angeboten unter der Bedingung, dass er den Dienst an der Synagoge quittiere. Nach einem Gespräch mit dem Rabbiner riet ihm dieser, die Staatsstelle anzunehmen und zu kündigen. Eine feste Anstellung oder gar Verbeamtung wurde ihm während des Dritten Reiches versagt. Seine Aktivitäten als Kirchenmusiker waren seinen Vorgesetzten mehr als ein Dorn im Auge. Der Süddeutsche Rundfunk gab ihm Kompositions-Aufträge für Hörspielmusiken und sendete auch Werke von ihm, aber er durfte sie nicht selbst einspielen, bzw. aufnehmen, da er keine „Mikrophon-Erlaubnis“ hatte. Offensichtlich weigerte er sich eine „Mikrophon-Prüfung“ abzulegen, die den arischen Nachweis und vor allem die Mitgliedschaft in der NSDAP voraussetzte. Dabei galt in erster Linie: je niedriger die Parteinummer, desto eher und mehr Aufnahmen konnte man beim Rundfunk machen, unabhängig von der künstlerischen Qualität.
Der Kriegsdienst blieb ihm nicht erspart und 1943 kam er ins Lazarett nach Schwäbisch Gmünd. Der diensthabende Arzt, ein begeisterter Amateur-Geiger, ermöglichte ihm das Musizieren und Orgelspielen durch ärztlich verordneten "Urlaub". So versah er unter anderem an den hohen Feiertagen der letzten Kriegsjahre den Gottesdienst am katholischen Hl. Kreuz Münster in Schwäbisch Gmünd.
Sofort nach Kriegsende 1945, wurde er als Schulleiter an das Staatliche Waisenhaus in Schwäbisch Gmünd berufen. Von 1952 bis 1972 war er an der dortigen Pädagogischen Hochschule tätig, zunächst als Dozent, ab 1963 als Professor für Musikerziehung und Didaktik.
Sehr viele Kompositionen von Adolf Kern sind aus praktischen Anlässen heraus entstanden für einen kleinen Kreis von Freunden, für Schüler, Studenten und später dann für seine Kinder. Es gibt deshalb eine Fülle an Kammermusikwerken mit Klavier in den verschiedensten Besetzungen, Lieder, aber auch Werke für Orchester, Opern und Operetten.
Sein Kompositionsstil ist der Spätromantik verhaftet mit durchaus überschaubaren Formen und einer zwingenden harmonischen Logik.
Viele seiner wichtigsten Werke veröffentlichte der aka-Musikverlag, so mehrere Blockflötensonaten, aber auch Orgelwerke oder die sogenannten „Predigerchöre“ . Eine Blockflötensonate erschien bei Möseler.
Adolf Kern starb am 11. März 1976 in Schwäbisch Gmünd.